Donnerstag, April 18, 2024
Daumen hoch: Boris Herrmann ist zu Deutschlands bekanntestem Segler aufgestiegen. Foto: Loic Venance/POOL AFP/AP/dpa

«Oscarreif abgeliefert»: Herrmann segelt auf Erfolgswelle

Authentisch, abenteuerlich und aktiv im Klimakampf: Weltumsegler Boris Herrmann bleibt sich ein Jahr nach seinem ersten Vendée-Globe-Start treu.

Sein mitreißendes Segel-Solo begeisterte zu Jahresbeginn ein Millionenpublikum. Zuvor war Herrmann 2019 als «Gretas Kapitän» ins weltweite Rampenlicht gesegelt, als er Klimaaktivistin Greta Thunberg über den Atlantik nach New York gesegelt hat.

Mit seinem am 8. November 2020 gestarteten Vendée-Globe-Abenteuer schärfte er danach das eigene Profil. Zur «Riesenleistung»  gratulierte Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier persönlich.  DSV-Präsidentin Mona Küppers bescheinigt Herrmanns Kampagne «enorme Strahlkraft für den gesamten Segelsport».

Mediales Echo enorm

Das mediale Echo war enorm. Drei Bücher, Fernsehauftritte wie im «Aktuellen Sportstudio», bei der Ziehung von DFB-Pokal-Begegnungen und in Talkshows, preisgekrönte Produktionen von ARD und ZDF und die Dokumentation «Sturmfahrt» von der Ufa Documentary bezeugen die rasant gestiegene Popularität Herrmanns. 

Wer Anfang November seinen Namen googelte, erhielt 3,1 Millionen Treffer. Zeitgleich kam Extrembergsteiger Reinhold Messner auf 2,66 Millionen, Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev auf knapp 1,5 Millionen Fundstellen. Für einen deutschen Segelsportler war eine solche Präsenz zuvor kaum vorstellbar. «Boris Herrmann ist als Personenmarke so ‚heiß‘, dass die Potenziale wohl noch längst nicht ausgeschöpft sind“, attestiert Brands-Alive-Gesellschafter Markus Frömming.

Der Hamburger Unternehmer, dessen Strategie- und Markenberatung Großkonzerne international berät, lernte Herrmann während des Rennens kennen und schätzen. Sein Eindruck: «Boris Herrmann liefert rationalen und emotionalen Mehrwert. Die Message ‚A Race we must win‘ bietet eine spannende Kombination aus Entschlossenheit, Perfektionismus, einem Schuss Besessenheit und einem innovativen Herz in den Bereichen Sport, Klimawandel, Nachhaltigkeit und Education. Mit dieser klaren Positionierung erreichen Boris und Team Malizia ganz authentisch die relevanten Zielgruppen, die auch dem Zeitgeist folgen.»

«Eine gigantische Story»

Im Vergleich zur Filmwelt böte Herrmann «eine gigantische Story»: «Keinen Blockbuster, der mit Superstars gespickt ist, sondern ein fesselndes Skript mit klarer Idee, überraschenden Momenten und einer Crew, die oscarreif abliefert.»

Aus Herrmanns Zwei-Personen-Startup im Jahr 2018 ist ein Unternehmen mit 16 festen Mitarbeitern erwachsen. Geführt wird es von der britischen Juristin und Direktorin Holly Cova. Sie hat neben Team-Malizia-Gründer Pierre Casiraghi großen Anteil an Herrmanns Aufstieg zur Galionsfigur und sagt: «Boris ist kein Pony, das nur einen Trick kann. Er ist ein emotional nahbarer Protagonist und wird nie müde, seine Mission zu teilen.» 

Die vom Bordlabor der «Seaexplorer» zu Forschungszwecken gesammelten Daten wie der CO2-Gehalt der Meere wurden am 4. November im «Global Carbon Budget 2021» veröffentlicht. «Sie haben uns gesagt, dass wir einer der größten Datensammler im letzten Jahr waren», erzählt Herrmann stolz.

Pendeln zwischen Hamburger HafenCity und Vannes

Parallel schreitet der Bau der neuen Yacht voran. Herrmann pendelt zwischen der Hamburger HafenCity, wo er mit Ehefrau Birte Lorenzen-Herrmann und Tochter Marie-Louise lebt und arbeitet, und der Werft in Vannes, wo das neue Boot für The Ocean Race 2022/2023 und die Vendée Globe 2024/2025 entsteht. An diesem Wochenende besucht er mit Teammitgliedern auf dem Weg in die Bretagne Schütz Composites in Selters. Beim Partner ist gerade die Decksform für den Neubau fertig geworden ist.

Im Unternehmen von Admiral’s-Cup-Gewinner Udo Schütz wollen sie das Ergebnis und die Neubau-Halbzeit feiern. «Wir haben mehr als sechs Monate hinter und weitere sechs vor uns», sagt Herrmann, dessen Fünf-Jahres-Kampagne von Wirtschaftspartnern so getragen wird, «dass wir keine Kompromisse machen müssen».

Keiner aus der «Gala»

Seine Popularität quittiert er mit freundlicher Offenheit. «Ich bin ja keiner, den man aus der ‚Gala‘ kennt. Es ist nicht der pure Starruhm, eher ein Austausch, wenn die Leute an mein Bürofenster klopfen oder mich auf der Straße ansprechen. Ich freue mich darüber.»

Auf dem Weg nach oben hat er Geldnot und Zukunftssorgen kennengelernt. Seine Maßeinheit für Erfolg ist nicht Starrummel, sondern die Antwort auf eine simple Frage: «Können wir als Team weiter aktiv sein und unsere Ziele verfolgen?» Das sei zuletzt gut gelungen. Auf Kurs Zukunft beflügelt ihn der Gedanke an Platz fünf bei seiner ersten Vendée Globe: «Da hat man die Chance, sich noch zu verbessern.»

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